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Dichter grüner Wald als Symbol für die EUDR-Verschiebung und den fortgesetzten Einsatz für entwaldungsfreie Lieferketten.
2. November 2025
Jonas Gehrke
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EUDR‑Verschiebung 2025/2026: Was jetzt wirklich gilt (und was noch verhandelt wird)

EUDR-Verschiebung im Gespräch: neue Fristen, Entlastung für nachgelagerte Marktteilnehmer und Klein- sowie Kleinstbetriebe. Jetzt prüfen, was das für Unternehmen bedeutet.

EUDR verschoben? – Der Überblick

Die EU-Kommission hat am 21. Oktober 2025 einen Vorschlag veröffentlicht, um die Anwendung der Entwaldungsverordnung (EUDR) zu vereinfachen und den Übergang für Unternehmen reibungsloser zu gestalten. Der Vorschlag sieht vor, den Anwendungsbeginn für kleinere Unternehmen zu verschieben und Sorgfaltspflichten sowie die Abgabe von Sorgfaltserklärungen für nachgelagerte Marktteilnehmer und Händler zu reduzieren.

Noch ist nichts beschlossen, das Europäische Parlament und der Rat müssen den Entwurf erst annehmen. Dennoch: Die Richtung ist klar – Pragmatismus statt Perfektionismus.

Zwischen Ambition und Umsetzbarkeit

Die EUDR ist eines der ehrgeizigsten Nachhaltigkeitsvorhaben der EU. Sie verpflichtet Unternehmen, sicherzustellen, dass ihre Produkte nicht mit Entwaldung in Verbindung stehen, von Soja über Palmöl bis Kaffee, Kakao, Holz und mehr.

Doch die Umsetzung stellte viele Akteure vor praktische Hürden: komplexe Datenanforderungen, IT-Systeme im Aufbau, Lieferanten außerhalb der EU mit begrenzten Ressourcen.

Mit dem neuen Vorschlag will die EU-Kommission Unternehmen gezielt entlasten, ohne die Ambition zu senken. Oder wie Umweltkommissarin Jessika Roswall es formulierte: „Es geht nicht um weniger Ambition, sondern darum, die Regeln besser und smarter umzusetzen.“

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Kommissions‑Update: Verschiebung nur für Kleinst/Kleinbetriebe + Entlastung für nachgelagerte Marktteilnehmer und Händler

Laut der am 21. Oktober veröffentlichten Pressemitteilung umfasst der Vorschlag drei zentrale Maßnahmen:

Entlastung für nachgelagerte Marktteilnehmer und Händler

Große Händler und weiterverarbeitende Betriebe (z. B. Einzelhandel, Lebensmittel- und Möbelhersteller), die relevante EUDR-Produkte innerhalb der EU kaufen, sollen keine eigenen Sorgfaltserklärungen (DDS) mehr abgeben müssen.

Stattdessen soll künftig eine einzige DDS – eingereicht vom Erstinverkehrbringer – für die gesamte Lieferkette gelten. Entsprechend müssen nachgelagerte Marktteilnehmer und Händler lediglich bestehende DDS-Referenznummern entlang der Lieferkette weitergeben. Für den Fall, dass begründete Bedenken an der EUDR-Compliance bestehen, gelten weiterhin gewisse Pflichten.

Beispiel: Für importierte Kakaobohnen reicht die DDS des Importeurs; der Schokoladenhersteller muss keine neue Erklärung einreichen, sondern die DDS-Referenznummer des Lieferanten abfragen, intern aufbewahren und an eigene Kunden weitergeben.

Erleichterungen für Kleinst- und Kleinunternehmen

Unternehmen, die in diese Größenkategorie fallen, sollen erst ab 30. Dezember 2026 zur EUDR-Einhaltung verpflichtet sein.

Für sogenannte „primäre“ Marktteilnehmer, die EUDR-relevante Produkte in Ländern mit geringem Risiko (laut EU-Länderbenchmarking) herstellen, genügt eine vereinfachte einmalige Sorgfaltserklärung im EU-Informationssystem, anstelle wiederkehrender DDS-Abgaben.

Wenn die Daten bereits in nationalen Systemen vorhanden sind, ist keine zusätzliche Eingabe im EU-Informationssystem nötig.

Übergangsfristen für größere Unternehmen

Große und mittlere Unternehmen bleiben im Zeitplan (30. Dezember 2025), sollen aber eine sechsmonatige Vollzugs-Schonfrist erhalten, um die Umsetzung schrittweise umzusetzen.

Was bedeutet das für Unternehmen je nach Rolle in der Lieferkette?

Die vorgeschlagenen Änderungen der EU-Kommission betreffen Marktteilnehmer und Händler unterschiedlich stark:

Vorgelagerte Marktteilnehmer (z. B. Importeure, Hersteller oder Erzeuger, die relevante Produkte erstmals auf den EU-Markt bringen) bleiben die zentralen Verantwortungsträger. Sie müssen auch künftig eine Sorgfaltserklärung (DDS) im EU-Informationssystem einreichen – für jedes Produkt oder jede Charge, die sie in Verkehr bringen. Die Qualität ihrer Lieferantendaten, die geografische Rückverfolgbarkeit und die Risikobewertung bleiben damit entscheidend für die Compliance.

→ Für sie bedeutet der Vorschlag vor allem: unveränderte Sorgfaltspflichten und die Notwendigkeit robuster Datensysteme.

Händler und nachgelagerte Marktteilnehmer (nachgelagerte Händler, weiterverarbeitende Unternehmen oder Einzelhändler) würden laut Vorschlag von der eigenen DDS-Pflicht entlastet. Sie müssen jedoch weiterhin sicherstellen, dass die von ihnen gehandelten Produkte durch eine gültige DDS abgedeckt sind – also über Referenznummern und Nachweise verfügen, um jederzeit belegen zu können, dass ihre Ware EUDR-konform ist.

→ Damit verschiebt sich der Aufwand von der operativen DDS-Erstellung hin zur Nachweis- und Dokumentationspflicht entlang der Lieferkette.

In der Praxis entsteht damit eine klarere Rollenverteilung: vorgelagerte Marktteilnehmer sorgen für die formale Compliance und erstmalige DDS-Erstellung, Händler und nachgelagerte Marktteilnehmer für die lückenlose Nachverfolgbarkeit. Beide Seiten bleiben in der Verantwortung, Transparenz sicherzustellen – aber mit unterschiedlichen Schwerpunkten in ihren Prozessen.

Unsere Einschätzung: Vereinfachung – ja, aber Zeitplan einhalten

Wir begrüßen die vorgeschlagenen Vereinfachungen, insbesondere die Entlastung für nachgelagerte Akteure und Klein- sowie Kleinstbetriebe. Sie machen die EUDR einfacher umsetzbar und reduzieren unnötige Bürokratie. Wesentlich ist, dass Unternehmen die Dokumentationspflichten einfach erfüllen können: mit klaren Datenstrukturen, automatisierten Prozessen und praktikablen IT-Schnittstellen.

Gleichzeitig halten wir es für entscheidend, dass der Zeitplan beibehalten wird. Nur wenn die EUDR wie geplant umgesetzt wird, kann sie ihren Beitrag leisten, um Wälder weltweit wirksam zu schützen. Jede weitere Verzögerung verschiebt den dringend notwendigen Wandel hin zu entwaldungsfreien Lieferketten und gefährdet das Ziel, Klimarisiken und Biodiversitätsverluste einzudämmen.

Warum proaktives Handeln wichtig ist – trotz Unsicherheit

Auch wenn die politische Entscheidung noch aussteht, ist Abwarten keine Option. Unternehmen, die jetzt mit der EUDR-Umsetzung beginnen, verschaffen sich klare Vorteile:

  • Vermeidung von Engpässen: Frühzeitige Lieferanten-Einbindung verhindert Datenchaos kurz vor Fristablauf
  • Bessere Kosteneffizienz: Aufwand verteilt sich über Monate statt Ad-hoc-Projekte in letzter Minute
  • Technische Sicherheit: Zeit für Testläufe, Systemintegrationen und Audits – ohne Panik
  • Reputationsvorteil: Wer proaktiv handelt, zeigt Führungsstärke und ESG-Verantwortung
  • Flexibilität: Prozesse lassen sich leichter anpassen, falls sich Zeitpläne ändern

Fazit: Vereinfachen, aber nicht verzögern

Die mögliche EUDR-Verschiebung ist kein Rückschritt, sondern eine Chance, die Umsetzung praktikabler zu gestalten. Doch der Übergang darf nicht zur Dauerlösung werden. Entscheidend ist, dass Unternehmen jetzt handeln – Daten erfassen, Prozesse aufsetzen, Systeme testen. Denn wer heute startet, wird morgen nicht überrascht.

Die EUDR bleibt ein Meilenstein für entwaldungsfreie Lieferketten – und wer sich vorbereitet, hebt sich von der Konkurrenz ab statt nur zu reagieren.

FAQ zur EUDR-Verschiebung

Ist die EUDR verschoben?

Noch nicht. Die Änderungen sind ein Vorschlag, der erst durch Parlament und Rat beschlossen werden muss. Bis dahin gelten die bisherigen Stichtage (30. Dezember 2025 / 30. Juni 2026).

Muss mein Unternehmen eine DDS abgeben?

Ja – sofern Sie Erstinverkehrbringer sind. Nachgelagerte Unternehmen wären laut Vorschlag künftig davon befreit.

Was bleibt verbindlich?

Die Pflichten zur Rückverfolgbarkeit, Geolokation, Risikoanalyse und Nachweisführung bleiben bestehen für vorgelagerte Marktteilnehmer – unabhängig vom Zeitplan.

Was passiert, wenn der Vorschlag nicht angenommen wird?

Dann tritt die EUDR wie bisher geplant in Kraft.

Weitere Informationen zur EUDR-Verschiebung

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